Gemäss Bundesamt für Statistik ist die ständige Bevölkerung von 2013 bis 2023 um 10 Prozent auf total 8.96 Millionen Personen gewachsen. Wesentlicher Treiber war der internationale Wanderungssaldo verbunden mit einem positiven Geburtenüberschuss. Wie die nachfolgende Grafik der realen Hochbauinvestitionen im Segment der Mehrfamilienhäuser zeigt, hat die Produktion von neuen Wohnungen von 2013 bis 2018 deutlich zugelegt. Wenn man zudem die Entwicklung der Leerwohnungsziffer betrachtet – die im gleichen Zeitraum von 0.97% auf 1.62% angestiegen ist – wurden sogar mehr Wohneinheiten produziert als vom Markt absorbiert werden konnten. In dieser Leerwohnungsziffer sind auch Einfamilienhäuser oder Wohnungen enthalten, die am Markt zum Verkauf angeboten wurden. Interessanterweise lag die Wohneigentumsquote in 2014 noch bei 37.4%. Seither ist sie trotz einer Phase mit Negativzinsen auf 35.9% in 2022 gefallen. Typischerweise beziehen die neu zugewanderten Einwohner also zuerst eine Mietwohnung bevor Wohneigentum erworben wird.

Reale MFH-Investitionen und Leerwohnungsziffer

Seit 2018 bewegen sich die realen Hochbauinvestitionen im Bereich der Mehrfamilienhäuser nun allerdings rückläufig und werden gemäss Schätzungen von Wüest Partner auch für 2024 erneut unter dem Niveau von 2013 erwartet. Zudem sind seit 2021 auch die Leerstandsziffern wieder am Sinken und haben nun ein Level von 1.15% erreicht. Die anhaltende Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt hat das vorhandene Überangebot mittlerweile vollständig wieder abgebaut. Um die anhaltende Nachfrage absorbieren zu können, müsste nun also wieder mehr gebaut werden. Denn auch ohne den Sondereffekt der aus der Ukraine zugewanderten Personen lag das Bevölkerungswachstum bei robusten 1.0% in 2023. Die vielseitig diskutierte Wohnungsnot ist also klar der Angebotsseite zuzuschreiben, welche aktuell nicht auf die anhaltende Nachfrage reagiert.

Was sind die Gründe, warum der Wohnungsmarkt im aktuellen Umfeld nicht an Fahrt gewinnt?

Einerseits befinden wir uns nun wieder einem regulären Umfeld mit positiven Leitzinsen. Es gibt neben den Immobilien- und Aktienanlagen mit Obligationen wieder Alternativen zum Investieren für Pensionskassen und andere institutionelle Investoren, welche in den letzten Jahren stark in den Bau von Mehrfamilienhäusern investiert haben. Andererseits ist das Bauen im Rahmen des vom Raumplanungsgesetz vorgesehen Verdichtungsgedankens anspruchsvoller geworden und die Anforderungen sowie Auflagen sind deutlich gewachsen. Hier könnte ein breitgefächerter Massnahmenkatalog Gegensteuer geben, damit das Bauen von Mehrfamilienhäusern wieder attraktiver wird. Denkbar wären Flexibilisierung der Bau- und Zonenordnungen, Erhöhung der Ausnutzungsziffern, Vereinfachung von Bewilligungsprozessen oder der vermehrte Einsatz von seriellem Bauen mit vorgefertigten Holzelementen.

Mit solchen Massnahmen würde der Anreiz für den Bau von zusätzlichen Wohnungen vergrössert und schliesslich der Markt wieder ins Gleichgewicht gebracht. Wie der eingangs erwähnte Blick in die Vergangenheit zeigt, gab es im Wohnungsmarkt auch schon Zeiten mit einem Wohnungsüberhang, d.h. der Markt ist durchaus zyklisch und das Angebot könnte mit den richtigen Anreizstrukturen aktuell vergrössert werden.